V7: Endstation Fukushima

Die letzte Reise der Freydis II von Alaska nach Japan

Ein Lichtbildervortrag von Heide und Erich Wilts

In ihrem mitreißenden Live-Vortrag…

…erzählen die Wilts von ursprünglicher, gewaltiger Natur und von Küsten, die noch niemals zuvor eine Yacht erkundet hat, von den Auswirkungen der Klimaveränderungen auf das Leben der Menschen in dieser Region, von den alltäglichen Schwierigkeiten des Bordlebens, von ihren Ängsten und von den oft schwierigen Entscheidungen in der Schiffsführung.

Und sie berichten von dem Verlust ihres Schiffes in Japan und den Folgen dieses Unglücks für ihr Leben.

Endstation Fukushima Vortrag

Rendezvous mit Grizzlys und Eskimos

Hier ist der Bär los. Aber sonst rein gar nichts. Seekarten gibt es nicht, geschweige denn Häfen. Packeis, Nebel, Regen und Stürme bestimmen das Klima. Auf den Inseln des Beringmeers zwischen Alaska und Sibirien leben wenige Menschen fernab der Zivilisation. Segler erscheinen ihnen wie Besucher von einem anderen Stern. Heide und Erich Wilts mit ihrer Freydis waren dort.

Nach zwölf Jahren abenteuerlichen Reisens auf der Südhalbkugel haben Heide und Erich Wilts mit ihrer Freydis Kurs auf die Aleuten, die Alaska-Halbinsel und das Beringmeer genommen. Mehrere Sommer segeln sie in einem Revier, oft fernab jeder Zivilisation, das aufregender und schöner nicht sein könnte. Die Wilts sind fasziniert von diesen Küsten: Einsam, ursprünglich, wild zerklüftet, von den Bergen und ihren in die Fjorde kalbenden Gletschern geprägt, ist die Schönheit dieses Insel-Irrgartens ebenso groß wie sein Ausmaß. Man bräuchte Jahre mit dem Boot, um das Gebiet nur annähernd kennen zulernen.

Sie ankern in einsamen Buchten in totaler Wildnis oder liegen an irgendeinem Steg in kleinen Fischer- oder Eskimodörfern und verlassenen Goldgräbersiedlungen. Angetan sind sie von der Gastfreundschaft der Menschen, mit denen sie in den Siedlungen und An-kerbuchten zusammenkommen.

Im Inneren der Fjorde, an gut geschützten Plätzen, lassen sie sich bei Niedrigwasser mit hochgeholtem Schwenkkiel trocken fallen, um Grizzly-Bären, die größten Landraubtiere der Erde, in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. In unmittelbarer Nachbarschaft der Freydis, manchmal nur wenige Meter entfernt, sind immer wieder Bärenfamilien dabei, die trockengefallenen Sand- und Schlickflächen nach Fressbarem abzusuchen und umzugraben. Halbwüchsige Tiere spielen miteinander, Mütter unterrichten ihren Nachwuchs, ein Alter jagt einen Nebenbuhler über die Ebene den Hang hinauf, und im Inneren der Bucht paaren sich zwei Bären mit Ausdauer.

Die Küsten sind ein Dorado für Angler und Fischer. Sie schwelgen in Lachs, Heilbutt und Königskrabben, die Freydis wird zum exquisiten Fischrestaurant. Von dem Meeresreichtum profitieren nicht nur die Menschen, sondern auch Wale, Orcas, Seelöwen, Pelzrobben und Fischottern, dazu unzählige Seevögel vom Fischadler bis zum Papageientaucher.

Die Wilts besuchen – wahrscheinlich als erste Yachties überhaupt – alle Inseln im Beringmeer und gelangen durch die Beringstraße in die Tschuktschensee, Teilgebiet des Nordpolarmeers. Nördlichstes Etappenziel ihrer Reise wird die kleine Eskimosiedlung Kotzebue nördlich des Polarkreises. Wie ein Gefährt von einem anderen Stern mag den Einheimischen die Freydis erscheinen. Der Empfang ist überwältigend. Alle Leute sind freundlich, interessiert und hilfsbereit. Es hagelt Einladungen.

Zehn Tage bleiben die Wilts in Kotzebue, dann geht es den ganzen weiten Weg zurück durchs Beringmeer. Der arktische Sommer ist kurz. Ende August verlassen sie in einer turbulenten Nacht das Beringmeer durch den Unimak Pass mit seinen Stromschnellen. Der erste Herbststurm ist im Anzug. Rechtzeitig erreichen sie den kleinen Fischereihafen King Cove am Ende der Alaska-Halbinsel. Die Freydis kommt mit dem Travellift an Land, sie wird den Winter über hier liegen bleiben und erst in der nächsten Saison 2008 wieder auf Törn gehen: noch einmal zu den Gestaden Alaskas, zu den Bären und zu den Gletscherfjorden. Vier Jahre verbringen sie in diesem einzigartigen Revier.

Ein Jahr danach: Auf dem Weg in die Südsee ändern die Wilts in San Diego kurz entschlossen ihre Pläne und wollen über Hawaii, das Midway-Atoll, Japan und Kamtschatka noch einmal zurück nach Alaska – eine folgenschwere Entscheidung.

Der Tsunami und seine Folgen

In Japan passierte am 11. März dieses Jahres das Unvorstellbare: Das Land wurde nach einem Seebeben vom schlimmsten Tsunami seit 100 Jahren getroffen und verwüstet. Furchtbares Leid kam über die Menschen dort. Die Freydis überwinterte zu dieser Zeit in der Iwaki-Sun-Marina in der Provinz Fukushima. Zwar überstand sie den Tsunami als einzige von über 150 Yachten aufgrund ihrer soliden Bauweise, trieb aber dann herrenlos auf die Klippen vor der Steilküste, nicht weit weg von dem zerstörten Atomkraftwerk Fukushima. Alle Versuche der Wilts, sie dort heil abzubergen, schlugen fehl.

Inzwischen ist das Wrack der Freydis von den Behörden in einer aufwendigen Aktion gehoben und soll in Iwaki als Denkmal für die Opfer des Tsunami und als Symbol für die deutsch-japanische Freundschaft, die in diesem Jahr 150 besteht, aufgestellt werden.

Monatelang haben Heide und Erich um die Freydis getrauert – 33 Jahre war sie ihnen eine zweite Heimat. Nun haben sie sich entschlossen, trotz fortgeschrittenen Alters – sie gehen beide auf die 70 zu – eine dritte Freydis zu bauen…

Mitte 2012 starten die Wilts erneut von Leer Ostfriesland Richtung Pazifik.