Japanreise Teil III

Der Kaiser hat gewunken

Vor zwei Tagen sind wir auf dem Fuji-san, Japans heiligem Berg, herum geklettert. Bis zur siebten oder achten Station – 3000 Meter hoch – haben wir´s geschafft. Danach ging uns die Puste aus und die müden Gelenke und Knochen spüren wir noch heute. Aber es war sehr schön, das Herbstlaub färbte sich gerade, toll!

Nun werden wir noch ein paar Tage Tokyo und Kyoto besuchen, das restliche Geld verprassen, was hier nicht schwer fällt, denn alles ist sündhaft teuer (Deutschland x 2 bis x 5!)

Nun bin ich in Tokyo und schrecklich erkältet, nehme Vibramycin und hoffe, dass es mir morgen besser geht. Aki Sakamoto, unser liebenswerter und hilfsbereiter Manager in der Iwaki Sun Marina, hatte sich zwei Tage frei genommen, um uns durch Tokyo zu führen: Wir haben allerlei Schreine und Tempel besucht und waren natürlich auch am Kaiserpalast. Dort kamen plötzlich zwei von Schimmelreitern eskortierte Prunkkutschen die Brücken herunter gefahren: Was für ein Zufall und was für ein Vordergrund für den Palast! Erich hat natürlich wild fotografiert. Nur ein paar Leutchen waren da und sie haben sich alle verbeugt, als die Karosse vorbeifuhr. Ich ragte wie eine Fahnenstange heraus und habe gewinkt. Und da hat sich doch tatsächlich jemand in der Kutsche vorgebeugt und huldvoll zurück gewinkt: „Der Tenno!“, hauchte der Ordnungshüter. Aki war völlig aus dem Häuschen. Und die Mutter von Ko, unserem „Easy Rider“ aus Hokkaido, eine 79-jährige Dame aus alter Samurai-Familie, versicherte später, das sei unglaublich und brächte mir ganz sicher großes Glück. Ich hoffe es!

Bei Kos Mutter waren wir gestern eingeladen. Sie hat sämtliche Lieder von Marlene Dietrich auf DVD und auch Lili Marleen von Lale Anderson etc. und hat uns auch selbst einiges mit geschulter Stimme und auf d e u t s c h vorgesungen. Ko hat sich ein bisschen geniert, aber wir fanden´s toll – auch das Essen: Gebackener Aal auf Reis und Gemüse, danach kleine Marzipan-Törtchen.

Morgen muss ich unbedingt wieder fit sein. Mr. Hiki, Event-Manager und Direktor des humoristischen Theaters in Tokyo (eine Art Kabarett) will uns zusammen mit seinem Englisch-sprechenden Kommunikationsboss durchs Edo-Museum begleiten, anschließend in Yokohama-Chinatown einige Skurrilitäten zeigen, darunter das kleinste Aquarium der Welt, das er selbst kreiert hat, und dann mit uns Essen gehen.

Wie wir Mr. Hiki kennen gelernt haben? Ganz einfach: Er ist Segler und träumt von einer Reise in die Antarktis. Eigens aus Nagasaki ist er per Flugzeug zu unserem Vortrag angereist. Mr. Suzuki, ein Freund Mr. Hikis, und einige andere Segler in der Iwaki Sun Marina hatten uns gebeten ein paar Bilder von unserer Antarktis-Segelreise zu zeigen. Weil in ganz Iwaki kein Diaprojektor mehr aufzutreiben war, hatte Mr. Suzuki extra dafür in Tokio einen neuen gekauft. Die Bilder haben wir übrigens auf Englisch kommentiert, und Aki hat es ins Japanische übersetzt. Danach gab es eine Einladung in einem Restaurant in Izumi: Fisch und anderes Meeresgetier in allen Variationen, gekocht, gegrillt, paniert, roh – zum Glück nicht mehr lebendig – und natürlich auch Fleisch, Tempura (in Teig gefrittetes Gemüse), Reis, Süßkartoffeln, und, und, und, zu guter Letzt auch noch Süßes zum Nachtisch. Wir konnten alles nur probieren, es war einfach zu viel.

Natürlich hatte Aki auch hier wieder einen anstrengenden Job, der ihm kaum Zeit zum Essen ließ. Denn so gebildet die Gäste auch waren (viele von ihnen hatten ein Hochschulstudium absolviert) – nur einer konnte sich mit uns auf Englisch verständigen. Es gab Fragen zu unseren Segelreisen, zu Deutschland., man wollte unsere Meinung über Japan wissen, über das Essen hier etc. Auch politische Themen wurden angeschnitten: Etwa, welchen Grund wir sähen, dass Deutschland so gut mit seinen Nachbarn auskommt, Japan aber so viele Probleme mit den seinen hat. Es war nicht immer ganz einfach die Fragen zu beantworten.

Aber es wurde auch viel gelacht. Zum Beispiel, als Mr Hiki uns die etwas seltsame Frage stellte, was das Allerwichtigstes sei, das er auf eine Segelreise in die Antarktis mitnehmen sollte, und ich ohne zu überlegen antwortete: „eine Frau!“ Zum Schluss waren alle Gäste satt, müde und zufrieden. Ein schöner Abend ging zu Ende, wenn auch mit gewaltigem Wolkenbruch. Auf dem Weg zum Boot wurden wir klitschnass.

Erich musste heute ohne mich zum „Yasukini“ Schrein pilgern, der Gedenkstätte für die seit 1854 Gefallenen der Kriege mit Korea, China, Russland und Amerika, einschließlich der rechtskräftig verurteilten Kriegsverbrecher aus dem Zweiten Weltkrieg. Auch der Tiere, zum Beispiel der Pferde, die im Krieg umkamen, wird hier gedacht.

Während Erich vor Ort war, wurde der Schrein von Veteranen, Witwen und ganzen Familien in hoch offizieller Kleidung besucht: Männer im schwarzen Anzug, Frauen im traditionellen Kimono und die Kinder festlich herausgeputzt. Der Tenno besucht den Schrein nicht mehr, seit die Kriegsverbrecher dort liegen.

Übrigens traf Erich im Bus auf dem Weg dorthin einen chinesischen Geschäftsmann aus Honkong, der wissen wollte, ob die Japaner zu Erich auch so unfreundlich seien. Er sei zum zweiten Mal in Japan und habe nun endgültig genug davon. Er war auch schon in Heidelberg, dort hat es ihm besser gefallen. Die Amerikaner seien auf dem absteigenden Ast, wie auch die Japaner. Erich meinte, dass China heute so gut dastehe, läge nicht zuletzt daran, dass Deng-Xiao-Ping in Göttingen studiert habe. Der etwas selbstgefällige Chinese hat nur gelacht.

Soviel für heute von den Asien-Korrespondenten H+E.

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