Zur FREYDIS auf dem Jakobsweg

Hallo Freunde,

während wir auf den Törns bisher so gut wie nichts von Corona wahrgenommen haben, zwingt der Virus doch das eine oder andere Crewmitglied bei der An-und Abreise durch unvorhersehbare Flug-Umbuchungen und -Stornierungen zu phantasievollen Kapriolen. Dabei den Vogel abgeschossen hat bisher eindeutig Klaus Heisswolf aus Wiesbaden, unser ältester Mitsegler. Klaus ist seit 12 Jahren regelmäßig dabei, die letzten Male bereits Alterspräsident unter den aktiv segelnden Freydianern und inzwischen 85 (!!) Jahre alt. Diesmal ließ ihn der Reiseveranstalter auf dem Anflug zur Freydis nach La Coruña mitten in der spanischen Pampa bei Leon sitzen. Der Weiterflug wurde gecancelt. Man bot ihm einen Notsitz im Reisebus an, der schon mit Pilgern überfüllt war. Klaus lehnte dankend ab: Zu groß die Ansteckungsgefahr. Nur seinen Seesack hatte er einem Fremden im Bus anvertraut, der ihn nach Santiago mitzunehmen versprach. Doch, was nun?

Vom Hotelfenster fiel sein Blick auf einen Fahrradverleih und eine Idee war geboren. Gleich am nächsten Morgen setzte er sie in die Tat um: In den Satteltaschen nur Zahnbürste und das Allernötigste, strampelte er auf seinem Drahtesel bergauf-bergab drei Tage lang zum 350 Kilometer entfernten Santiago de Compostela. Womit er nicht gerechnet hatte, waren die sintflutartigen Regenfälle, die ihm auf dem Jakobsweg das Pedale-Treten sehr erschwerten; und auch Kleiderwechseln war ja nicht drin. Doch der heilige Jakobus hielt auf dem Jakobsweg die Hand über ihn: am dritten Tag erreichte Klaus – abgekämpft, aber gesund und munter – sein Ziel.

Klaus auf dem berühmten Kap Finisterre
Klaus am Ende des Jakobswegs am Kap Finisterre (im Hintergrund der Leuchtturm)

Mit 22 weiteren Pilgern wurde Klaus (er ist Protestant) zur Audienz beim Erzbischof vorgelassen. Dabei schluckte er brav die Hostie, nachdem ihn zuvor ein Priester mehrmals aufforderte, dazu doch bitte seinen Mund-Nasen-Schutz abzunehmen. Geläutert und hoffentlich auch sündenfrei kam er am nächsten Tag per Bahn endlich zur Freydis nach La Coruña. Und da der Jakobsweg nicht in Santiago endet, sondern direkt am Kap Finisterre (dem äußersten in den Atlantik ragenden Landende Galiciens, das vor der Entdeckung Amerikas als Grenze der bekannten Welt galt), lagen wir eine Woche später mit der Freydis vor dem kleinen Fischerort Fisterra und marschierten die restlichen vier Kilometer Jakobsweg zum besagten Kap. Eine schweißtreibende Angelegenheit, aber zur Belohnung gab es abends in der Taberna neben Gambas, Langustinos und Zamborinos auch noch Fußball vom Feinsten: Wir konnten uns das Finalspiel der Bayern gegen Paris anschauen.

Warten auf Wetterbesserung in La Coruña
Eine fröhliche Crew

Auch Törn III war ein voller Erfolg: Die ersten drei Tage verbrachten wir bei Sturm im Hafen von La Coruña. Aber mit einsetzendem Portugiesischem Norder konnten wir an der spanischen und portugiesischen Küste nach Süden segeln. Bisher hatten wir es dort immer eilig gehabt und waren meist schon von Bayona aus in Richtung Madeira abgedreht. Diesmal ließen wir uns Zeit für interessante Stops in Buchten, Nationalparks und Fischerstädtchen. Durch sie wurde die Reise zum vielseitigen Erlebnis, und dabei hat sich die 7-köpfige Crew (zwischen 22 und 85J) wacker geschlagen und bestens verstanden.

Anton müht sich vergeblich:
DIE FISCHE WOLLEN NICHT KOOPERIEREN
GANZ JUNG und GANZ ALT Catharina, Klaus + Anton
MITTEL-ALTER Susanne+Andrea

Die erhoffte Monstersee in Nazaré hatte sich leider vor uns versteckt. Während wir noch diskutierten, ob wir diese mit der Freydis am besten von vorne, von hinten oder von der Seite angehen und wer uns im Surf fotografiert, erfuhren wir, dass die Wellen zur Zeit nur fünf Meter hoch sind. Auf die 30-Meter hohen Kaventsmänner müssten wir bis November warten – dann aber kämen sie bestimmt. Nun ja – vielleicht war das gut so. Und hier nochmal der Link: Hier im Video in der WDR Mediathek zu sehen.

Am Rathaus von La Coruña: Der Skipper und seine Vorbilder

Auf zum letzten Törn in diesem Jahr: 2 1/2 Wochen Blauwassersegeln – von Lissabon über Santo, Madeira, die Wilden Inseln und Lanzarote zur Kanareninsel La Palma – hoffentlich ein Törn vom Feinsten. Und hoffentlich überstehen unsere Mitsegler die Handy-lose Zeit, denn spätestens zwei Stunden nach dem Start gibt es für die nächsten 500 Meilen keine Verbindung mehr. (Wir haben zwar ein IRIDIUM-Handy, aber das ist nur für den Notfall und unter Verschluss).

In der Marina von La Palma wird die Freydis überwintern. Wir werden sie im Dezember+Januar als Aufenthaltsort für den Wanderurlaub nutzen – und vielleicht auch mit ihr segeln.

Herzliche Grüße
Heide+Erich

Die Fotos in diesem Beitrag stammen von Catharina, Susanne, Andrea und Erich.

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